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Systemische Aufstellungen

Krankheit ist ein Symptom verirrten Lebens. Sie drosselt das Tempo falscher Bewegung, denn verlangsamtes Leben findet den Weg zu sich zurück. Der Körper verweigert sich weiterer Oberflächlichkeit und zwingt das Leben in die Tiefe.
– Hans Kruppa

Das Grundprinzip systemischer Aufstellungen
Das Grundprinzip von systemischen Aufstellungen ist relativ einfach und doch sehr tiefgehend. Es geht darum, die Dynamiken und Verbindungen in einem System sichtbar zu machen. Ein System kann zum Beispiel eine Familie, ein Team am Arbeitsplatz oder auch das eigene innere Erleben sein. In einer systemischen Aufstellung werden Personen oder Symbole stellvertretend für die Mitglieder eines Systems oder für bestimmte Aspekte eines Problems im Raum positioniert.
Systemische Aufstellungen können besonders bei chronischen, psychischen und körperlichen Erkrankungen hilfreich sein. Oftmals stehen hinter solchen Krankheiten tiefere emotionale oder familiäre Verstrickungen, die durch eine Aufstellung erkannt und bearbeitet werden können. Indem man diese versteckten Zusammenhänge aufdeckt und verändert, kann man einen positiven Einfluss auf den Heilungsprozess nehmen und das Wohlbefinden nachhaltig verbessern.

 

Die Situation in Deutschland
In Deutschland hat insbesondere der zweite Weltkrieg zu nahezu unvorstellbaren Traumata nicht nur der aktiven Kriegsteilnehmer sondern auch der Daheimgebliebenen geführt. Gewalt, Schuld, Übergriffe aller Art, früher Tod, Hunger, Vertriebenwerden führten zu einem Klima der Angst, das die heutigen Generationen weiterhin schwer belastet. Meist ist der Ursprung dieser Belastungen, die auch zu chronischen Erkrankungen führen, der betreffenden Person nicht bewusst. Wenn bestimmte Erkrankungen wiederholt innerhalb einer Familie auftreten, kann es sinnvoll sein, eine systemische oder Familienaufstellung in Betracht zu ziehen, um mögliche zugrunde liegende Muster zu erkennen.
Systemische Aufstellungen tragen dazu bei, traumatische Familienmuster oder -konflikte zu erkennen und zu bearbeiten, Dies kann die epigenetischen Auswirkungen von Traumata mildern und eine Übertragung auf nachfolgende Generationen verhindern.

 

Epigenetik und Familienaufstellung: Wissenschaft und therapeutische Praxis im Dialog 
Die Epigenetik erklärt den Einfluss von Umweltfaktoren auf den Aktivitätszustand von Genen. Dieser Aktivitätszustand kann, wie die Gene selbst, an nachfolgende Generationen weitervererbt werden. Multiple Studien aus dem Bereich der Epigenetik haben gezeigt, dass traumatische Ereignisse das epigenetische Profil einer Person beeinflussen. Beispielsweise untersuchte eine Studie von Klengel et al. (2013*) die epigenetischen Veränderungen im Glucocorticoid-Rezeptor-Gen (NR3C1) bei Personen mit einer Geschichte von Kindheitstrauma. Die Ergebnisse legen nahe, dass Traumata in der Kindheit mit epigenetischen Veränderungen in diesem Gen in Verbindung stehen, was wiederum das Stressreaktionssystem beeinflussen kann.

Ein weiteres Beispiel ist eine Studie von Daskalakis et al. (2014**), die zeigte, dass Holocaust-Überlebende und ihre Nachkommen epigenetische Veränderungen aufweisen, die mit einer erhöhten Anfälligkeit für Stress-assoziierte psychische Erkrankungen in Verbindung gebracht werden können. Diese Studien legen nahe, dass traumatische Ereignisse nicht nur die betroffene Person, sondern auch nachfolgende Generationen auf epigenetischer Ebene beeinflussen.

* Klengel, Torsten; Binder, Elisabeth B (2013). Allele-specific epigenetic modification: a molecular mechanism for gene–environment interactions in stress-related psychiatric disorders?. Epigenomics, 5(2), 109–112. doi:10.2217/epi.13.11

** Daskalakis, Nikolaos P.; Yehuda, Rachel (2014). Site-specific methylation changes in the glucocorticoid receptor exon 1F promoter in relation to life adversity: systematic review of contributing factors. Frontiers in Neuroscience, 8(), –. doi:10.3389/fnins.2014.00369